impressum | contact | english


      Die Stiftung  |   Förderung  |   Aktuelles  |   Spenden

 
      Gegenstand der Förderung  |   Preise  |   Preisträger/innen  |   Paul B. Baltes Lecture  

Das Alter(n) als Gegenstand der Forschung:
Die verlängerte Lebenszeit und eine neue Lebenswelt

Margret M. Baltes (1999, gekürzter und leicht veränderter Auszug)

Warum beschäftigen wir uns in den letzten 15-20 Jahren mehr und mehr mit dem Alter und Altern?

Wir beschäftigen uns damit, weil uns der mit der Lebenszeitverlängerung einhergehende demographische Wandel dazu zwingt; er zwingt uns als Gesellschaft, weil die bisherigen Strukturen diesem Wandel und vor allem dem neuen Funktionsstatus der jungen Alten nicht mehr gerecht werden. Er zwingt jeden Einzelnen von uns, weil wir in diesem Jahrhundert erstmals in der Menschheitsgeschichte imstande sind, unser Leben für das Alter und im Alter zu planen und proaktiv zu leben.

Das heißt, wir beschäftigen uns in der Gesellschaft immer mehr mit dem Alter und Altern, weil es ein neues Phänomen ist, das in dieser Größenordnung in unserem Jahrhundert entstanden ist. Alt zu werden ist fast zu einem Allgemeingut geworden. Dies ist eine radikal neue Lebenswelt. Von daher brauchen wir auch nicht defensiv zu werden, wenn wir noch keine Lösungen parat haben. Aber es ist natürlich keine Entschuldigung dafür, nicht heute und jetzt anzufangen, nach produktiven Lösungen zu suchen. Es sollte uns allerdings auch bewusst werden, dass diese neue Situation mit ihren neuen Anforderungen Angst erzeugt. Wir beschäftigen uns aber auch mit dem Alter, weil wir das Altern meistern wollen, weil wir besser altern wollen als unsere Eltern, vielleicht sogar, weil wir hoffen, das Altern besiegen zu können. So ist unsere Beschäftigung mit dem Alter auch durch das Gefühl der Hoffnung motiviert. Die Langlebigkeit und die damit verbundenen sozialen, ökonomischen, psychischen und spirituellen Implikationen sind zu einem Zentralthema der Politik und der Forschungspolitik geworden. Die internationale Auseinandersetzung mit diesem Thema wird vielleicht auch hier in Deutschland die Diskussionen beflügeln und vielleicht auch, so hoffe ich, etwas verändern. Verändern dahingehend, dass nicht Verteilungskämpfe beschworen, belächelt oder angedroht werden, sondern dass man gemeinsam, alle Altersgruppen zusammen, solidarisch nach Lösungen sucht. Die heutigen Alten waren schließlich die gestrig Jungen, und die heute Jungen werden schließlich die morgigen Alten sein. Ihnen, den künftigen Alten, den Endlauf in einer Weise zu ermöglichen, dass er sinnstiftend und würdevoll erscheint, kann am besten dadurch vorbereitet werden, dass die heutigen Alten die Wege finden. Ein chinesisches Sprichwort bringt diese Perspektive auf den Punkt: "Die heutigen Generationen bauen die Straßen, auf denen die nächsten fahren".

Meine Worte sind von Zukunftsoptimismus getragen, trotz der Tatsache, dass das dritte Alter den Marathon des Lebens noch nicht zu Ende führt. Im hohen Alter ist die Unvollendetheit des Lebens am deutlichsten zu sehen, hier bedarf es mehr und mehr Anstrengungen der Wissenschaft, und in diesem Sinne ist es auch wichtig, dass die Forschungen zum Alter zu einer hohen Priorität erklärt werden. Ich selbst habe mich dabei sehr engagiert und hege die Hoffnung, dass unsere Gesellschaft die Vorteile guter Alternsforschung im Interesse aller erkennt.